Wasser für die Dürstenden

Sie werden weder hungern noch dürsten, sie wird weder Hitze noch Sonne stechen; denn ihr Erbarmer wird sie führen und sie an die Wasserquellen leiten. Jesaja 49,10

Herr, gib mir dieses Wasser, damit mich nicht dürstet und ich nicht herkommen muss, um zu schöpfen! Johannes 4,15

Viele Jahrzehnte verbrachten wir als Familie die Sommerferien in Arosa; ein wunderschöner Ferienort in den Bündner Bergen. Ich kann mich noch erinnern, wie ich als 6- oder 7-Jähriger zum ersten Mal 1’000 Höhenmeter überwand. Als Jugendlicher hatte ich den Ehrgeiz, alle Berggipfel um Arosa zu erklimmen. Einmal hatte ich zu wenig Wasser dabei. Die Tour war mehr oder weniger eine Gratwanderung, und es dauerte ziemlich lange, bis wir zu einem Bergbach gelangten. Mit durstiger Kehle rannte ich auf die Quelle zu und stillte meinen unbändigen Durst. Das war ein unbeschreiblicher Genuss: Frisches kühles Bergwasser auf eine durstige Kehle!

Wenn die Bibel von "Wasser" und "Durst" spricht, dann versteht sie darunter oft auch ein geistliches Wasser, das den Durst der Seele und die Sehnsucht des Herzens stillt (Joh 7:37-38 / Offb 22:17). Wer das wahre Lebenswasser gefunden hat und es genießen durfte, dessen Sehnsucht konnte wirklich gestillt werden.

Wie so oft, beschreibt Jesaja auch im Kapitel 49 den "wahren Gottesknecht", denjenigen, der sich abmühte, um den Menschen das Heil und die Erlösung anzubieten (Jes 53:4-5). Dieser Knecht wird in Vers 3 mit Israel (ü. Gotteskämpfer) angesprochen, und dabei denkt man natürlich zuerst an das auserwählte Volk Gottes! Doch weil in Vers 6 davon berichtet wird, wie dieser Knecht die "Stämme Jakobs" aufrichtet, dürfte an dieser Stelle der Messias gemeint sein, der ebenfalls ein "Gottesstreiter" ist. Er ist lange Zeit der Verachtete und Verabscheute der Nation (Jes 49:7). Aber der allmächtige Gott hat ihn erwählt und ihn sogar zum "Licht der Nationen" gemacht, der eine Rettung bis ans "Ende der Erde" bewirkt (Jes 49:6)! Er wurde zum "Bund des Volkes" gesetzt (vergleiche dazu Lk 22:20) und er sagt zu den Gefangenen, die in der Finsternis sitzen: "Geht hinaus … und zeigt euch!" Letztendlich sind alle Menschen "Gefangene der Sünde" (Röm 3:23) und deshalb hungern sie alle nach dem wahren Lebensbrot (Joh 6:35). Es dürstet sie nach dem Wasser des Lebens und somit auch nach der wahren und bedingungslosen Liebe (1Jo 4:8)!

Die Samaritanerin suchte die Liebe, nach der sie sich sehnte, vermutlich zuerst bei fünf bzw. sechs Männern (Joh 4:18)! Statt der Liebe erntete sie aber nur die Verachtung. Als ihr Jesus das "lebendige Wasser" anbot, das ihren Durst für immer stillen würde (Joh 4:14), dachte sie zuerst an eine Art Zauberwasser, das ihr künftig den Gang zum Brunnen ersparen würde. Erst im weiteren Verlauf des Gesprächs dürfte ihr klar geworden sein, dass Jesus ihr das "Wasser" anbot, das ihren Durst nach Liebe für immer stillt! Dabei spielt die Anbetung Gottes eine zentrale Rolle, wie das aus dem Textzusammenhang ersichtlich wird (Joh 4:23-24)! Das lebendige Wasser und die wahre bedingungslose Liebe finden wir nur bei Jesus, der aus Liebe zu uns ein verachteter Mensch wurde (Phil 2:7-8)!