Die Berufung des Propheten Jesaja
Die Bibel gibt uns in Hi 1 und Hi 2 einen ersten Einblick in den Thronhimmel Gottes (Hi 1:6-12). Eine zweite Beschreibung finden wir in 1Kö 22 (1Kö 22:19-23). Der Text aus Jes 6 dürfte der dritte Einblick sein und Hes 1 der vierte.
Alle Berichte machen deutlich, wie die wahren Machtverhältnisse aussehen! Sie lassen uns die Herrlichkeit und Majestät Gottes erahnen (Ps 93:1 / Offb 4:2-3). Die Schreiber dieser Berichte versuchen, mit menschlichen Worten das zu beschreiben, was sie sehen durften. Wenn wir die Texte studieren, versuchen wir uns das Beschriebene vorzustellen, und wir merken sehr bald, wie unsere Vorstellungskraft an ihre Grenzen stößt.
Beim Lesen und Studieren der Bibel dürfen und sollen wir unseren Verstand und unsere Denkfähigkeit benutzen, aber wir müssen uns immer wieder bewusst machen, dass wir das Wort Gottes nur dann richtig verstehen können, wenn uns der Heilige Geist belehrt (Joh 16:13 / 1Kor 2:14). Richtige Gotteserkenntnis kommt nur durch eine Offenbarung durch den Heiligen Geist.
In diesem Abschnitt geht es - so glaube ich - weniger darum, dass wir uns ein buntes dreidimensionales Bild vorstellen, als vielmehr darum, zu erkennen, was Gott uns mit diesem Bild sagen will (2Tim 3:16).
ELB Jes 6:1 Im Todesjahr des Königs Usija, da sah ich den Herrn sitzen auf hohem und erhabenem Thron, und die Säume [seines Gewandes] füllten den Tempel.
ELB Jes 6:2 Seraphim standen über ihm. Jeder von ihnen hatte sechs Flügel: mit zweien bedeckte er sein Gesicht, mit zweien bedeckte er seine Füße, und mit zweien flog er.
ELB Jes 6:3 Und einer rief dem andern zu und sprach: Heilig, heilig, heilig ist der HERR der Heerscharen! Die ganze Erde ist erfüllt mit seiner Herrlichkeit!
ELB Jes 6:4 Da erbebten die Türpfosten in den Schwellen von der Stimme des Rufenden, und das Haus wurde mit Rauch erfüllt.
Die meisten Ausleger datieren dieses Jahr auf 740 v. Chr. In der Chronologie der Bibel von F. H. Baader wird das Jahr mit 749 v. Chr. angegeben. Wahrscheinlich begann um diese Zeit das Wirken des Propheten Jesaja (Jes 1:1). Man vermutet, dass Jesaja mit dem Königshaus verwandt war und als junger Beamter unter König Usija tätig war.
Usija wurde mit 16 Jahren König und regierte 52 Jahre in Jerusalem (2Chr 26:3). Zu Beginn seiner Amtszeit war er ein gottesfürchtiger König, dem der HERR auch viel Erfolg schenkte, und der Wohlstand in Israel nahm ständig zu (2Chr 26:5). Mit der Zeit wurde Usija überheblich, und darum wollte er im Tempel selbst auf dem Räucheraltar räuchern, obwohl er kein Priester bzw. Levit war (2Chr 26:16). Weltliche Könige waren oft Herrscher und Priester in einem, und an dieser Stelle wollte er das vermutlich auch sein. Aber hier überschritt er seine Kompetenzen, und deshalb wurde er von Gott mit Aussatz bestraft, sodass er ab dieser Zeit seines Lebens in Quarantäne bleiben musste (2Chr 26:19-21). Sein Sohn Jotam übernahm dann die Regierungsgeschäfte.
Im Todesjahr von König Usija hatte Jesaja diese beeindruckende Vision! Das Volk lebte im Wohlstand, war verwöhnt und auch hochmütig geworden (Jes 2:7-8). Wenn ein Volk jahrzehntelang im Luxus lebt, dann meint es immer mehr, auch ohne Gott leben zu können (5Mo 8:11-14), und die Mahnworte der Propheten waren ihnen lästig. Sie waren überzeugt, dass sich ihr bisheriger Lebensstil bewährt hatte und sie keiner Korrektur bedurften.
Einige Ausleger vermuten, dass Jesaja in seiner Vision in den salomonischen Tempel versetzt wurde und die unsichtbaren bzw. geistlichen Machtverhältnisse sehen durfte (1Kö 8:10-11 / Jes 1:1). Andere meinen, Jesaja wurde 'im Geist' in den Thronsaal versetzt, der sich im Himmel befindet (Offb 4:1-2). Für mich spielt das nicht so eine große Rolle, weil sich der himmlische Thronsaal vermutlich sowieso in einer anderen Dimension befindet und dreidimensional gar nicht erfassbar ist. Der himmlische Thronsaal ist nicht Milliarden von Lichtjahren entfernt! Ich glaube jedoch, dass er im Himmel ist, sich aber in einer anderen Dimension befindet und deshalb für uns mit "technischen Hilfsmitteln" sowieso nicht erreichbar ist. Vielleicht kam der himmlische Thronsaal damals tatsächlich in den Tempel von Jerusalem, aber, wie gesagt, in einer anderen Dimension!
Der Herr (hebr. Adonai) saß auf einem hohen und erhabenen Thron (Offb 4:2). 'Adonai' dürfte hier ein Hinweis darauf sein, dass an dieser Stelle Jesus Christus auf dem Thron saß, denn in Ps 110:1 spricht Jahwe zu Adon: 'Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde hinlege als Schemel für deine Füße!' Aus dem NT wird klar ersichtlich, dass hier der Vater zum Sohn spricht (Apg 2:34 / Hebr 1:13).
Adonai hält das Zepter in der Hand (Ps 45:7). Er bestimmt, was mit seinem Volk und in der Weltgeschichte passiert! Diese Vision erhielt Jesaja, als Usija vielleicht schon im Sterben lag oder bereits gestorben war. Möglicherweise haben sich viele im Volk gefragt, ob Jotam auch ohne Usija im Hintergrund für Ruhe und Wohlstand sorgen konnte. Aber das war nicht die entscheidende Frage. Die entscheidende Tatsache war, dass der Herr auf dem Thron saß. Jetzt war eine Rückbesinnung auf Gott gefragt. Jesus sagte in Mt 28:18b: 'Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf der Erde.'
Die Säume gehörten zum königlichen Gewand (Offb 1:13)! Ein königliches Gewand strahlt die Würde und Herrlichkeit des Königs aus (Ps 93:1). Je größer und schöner das Gewand ist, desto mehr ist das ein Hinweis auf die Größe des Königs. Wenn die Säume den ganzen Tempel erfüllen, dann zeigt das unter anderem, dass alles im Tempel zum Gewand Gottes gehört oder sich zumindest unter diesem herrlichen Gewand befindet (1Kö 8:10-11). Hier haben nur absolut Geheiligte Zugang (Hebr 12:14). Kein überheblicher König kann hier eintreten, ohne die Konsequenzen tragen zu müssen. Der schirmende Cherub aus Hes 28:13-14 hatte eine Decke voller Edelsteine! Auch das war ein Ausdruck großer Herrlichkeit! Leider hat sich auch dieser überhoben (Hes 28:17)!
Die Seraphim sind ranghohe 'feurige Geisteswesen', denn das Wort 'saraph' leitet sich von 'brennen' ab und steht in 4Mo 21:6 in Verbindung mit den 'feurigen Schlangen'. Vermutlich war (oder ist) Satan auch ein Saraph. Die Seraphim mit den sechs Flügeln sind an dieser Stelle auf jeden Fall keine 'gefallenen Engel' (Jud 1:6).
In Offb 4:8 ist von vier lebendigen Wesen die Rede, die auch sechs Flügel haben und ebenfalls "Heilig, heilig, heilig!" rufen. In der Offenbarung befinden sich die Wesen nicht über dem Thron, sondern um den Thron herum (Offb 4:6).
Die Tatsache, dass diese Wesen über (oder 'von oben herab zu') dem Herrn stehen, hat mir immer wieder etwas Mühe bereitet, weil außer dem Vater niemand über unserem Herrn Jesus Christus stehen kann (Phil 2:9-11). Da sich Jesus als Mensch eine Zeit lang unter die Engel erniedrigt hat (Hebr 2:7 / Phil 2:7), könnte hier bereits eine erste Stufe seiner Erniedrigung sichtbar geworden sein!
Zwei Flügel bedeckten das Gesicht! Dies wirft die Frage auf, ob diese feurigen Seraphim nicht einmal in der Lage waren, das Angesicht dessen anzuschauen, der auf dem Thron saß (2Mo 33:20), oder ob sie ihre Gesichter bedecken mussten, damit Jesaja nicht zu stark geblendet wurde (1Tim 6:16). Haben sie ihre Angesichter bedeckt, um würdig anbeten zu können (Offb 4:8) oder hätten ihre 'freien Angesichter' zwangsläufig ein feuriges Gericht ausgelöst? Vermutlich gibt es noch einige weitere Interpretationen dazu, wie dies verstanden werden kann. Auf jeden Fall sind das für mich alles ein Stück weit offene Fragen!
Mit zwei Flügeln sind sie geflogen. Diese Stelle macht unter anderem deutlich, dass es sich hier nicht um statische Wesen im salomonischen Tempel handelte. Wahrscheinlich können Engel mit "über Lichtgeschwindigkeit" fliegen (Dan 9:21).
Zwei Flügel bedeckten ihre Füße. In einer Auslegung von MacLaren heißt es:
Die Flügel stellten keinen Schirm dar, der die Füße des Seraphs vor dem Auge Gottes verbarg, sondern es war das instinktive Gefühl der Demut, unwürdig zu sein, das sie über die Füße faltete, obwohl auch sie wie ein Ofen brannten!
Das hebr. Wort 'qadosh' kommt von 'qadash' und hat den Bedeutungsinhalt 'abgesondert sein', 'geweiht sein', 'geheiligt sein'. In Bezug auf Gott hat das mehrere Bedeutungen (3Mo 11:44 / 1Petr 1:16):
ELB Jes 6:5 Da sprach ich: Wehe mir, denn ich bin verloren. Denn Mann mit unreinen Lippen ein bin ich, und mitten in einem Volk mit unreinen Lippen wohne ich. Denn meine Augen haben den König, den HERRN der Heerscharen, gesehen.
ELB Jes 6:6 Da flog einer der Seraphim zu mir; und in seiner Hand war eine glühende Kohle, die er mit einer Zange vom Altar genommen hatte.
ELB Jes 6:7 Und er berührte [damit] meinen Mund und sprach: Siehe, dies hat deine Lippen berührt; so ist deine Schuld gewichen und deine Sünde gesühnt.
ELB Jes 6:8 Und ich hörte die Stimme des Herrn, der sprach: Wen soll ich senden, und wer wird für uns gehen? Da sprach ich: Hier bin ich, sende mich!
Jeder Mensch, der die Herrlichkeit Gottes sehen durfte, erkennt augenblicklich, wie klein, wie elend und fehlerhaft er ist (Jes 6:5 / Lk 5:8). Das wäre selbst beim vorbildlichsten Menschen, der je über diese Erde gegangen ist, der Fall. Wenn ich bedenke, wie wichtig wir uns nehmen und wie oft wir glauben, etwas zu sagen zu haben, dann ist das oft einfach nur beschämend (Jak 4:6). Es ist besonders demütigend, wenn wir kleinen "Erdenwürmer" uns anmaßen zu glauben, dass wir es besser machen würden als Gott (Röm 9:20).
Hiob hatte eine tiefe Gotteserkenntnis und war vielleicht der vorbildlichste Mensch, der je über diese Erde ging (Hi 1:1), aber nachdem er den HERRN 'gesehen' hatte, sagte er in Hi 42:3-6:
Wir Menschen sind in den Augen Gottes zwar sehr wertvoll (Mt 10:31), aber wir nehmen uns trotzdem viel zu wichtig. Unsere Meinung und unser Handeln sind in Bezug auf die Ewigkeit völlig wertlos, es sei denn, der HERR selbst bewirkt durch den Heiligen Geist etwas in und durch uns (Joh 15:5)!
Die Erkenntnis unserer Sündhaftigkeit ist von grundlegender Bedeutung (1Joh 1:8-9)! Ohne das Erkennen unserer eigenen Sünden gibt es keine Buße oder Umkehr, und es fehlt das Bewusstsein, dass wir völlig auf die Gnade Gottes angewiesen sind (Röm 3:23-24). Dadurch kommt es auch nicht zu der notwendigen Reinigung.
Jesaja sah keine Möglichkeit, vor dem Angesicht des HERRN bestehen zu können (Ps 130:3 / Ps 143:2). Er wusste, dass jeglicher Versuch, sich rechtfertigen zu wollen, einfach nur scheitern würde (Hi 9:2-3). Er konnte seine Sündhaftigkeit, seine unreinen Lippen und seinen Makel nicht selbst reinigen (Jer 2:22). Auch wenn es Jesaja an dieser Stelle nicht ausdrücklich aussprach, so ist es doch naheliegend, dass er in seinem Herzen nur noch eine Hoffnung hatte: 'Vielleicht erlöst der HERR mich aus meiner Verlorenheit und schenkt mir Seine Gnade und Barmherzigkeit.' (Ps 51:3-4). Möglicherweise hoffte er, ähnlich wie der Zöllner in Lk 18:13, nur noch auf die Gnade Gottes.
Die ELB übersetzt in Vers 7:
Wörtlich müsste man hier übersetzen: "Deine Vergehen und Verfehlungen sind bedeckt worden!" (Ps 32:1). Es handelt sich also um das 'Zudecken' oder 'Verschirmen' der Sünde (Ps 85:3). Dieses 'Zudecken' erfolgte durch eine glühende Kohle vom Altar. Dabei dürfte es sich wahrscheinlich eher um den "Räucheraltar" und weniger um den "Brandopferaltar" gehandelt haben, aber das lässt sich wohl kaum mit Sicherheit sagen.
Die glühende Kohle (oder der glühende Pflasterstein) berührte den Mund und die Lippen des Propheten, was dazu führte, dass seine Vergehen bedeckt wurden (Jes 6:7). Das hebräische Wort für den glühenden Pflasterstein lautet 'Rizpah', und dieses Wort ist mit 'Retsef' (heiße Kohlen, Rostkohlen, glühende Steine) und mit 'Reshef' (Flamme, Feuerstrahl) verwandt. Das Wort 'Reshef' finden wir auch in Hl 8:6. Dort heißt es:
Letztendlich hat eine feurige Liebe die Vergehen des Jesaja bedeckt, sodass er befreit weitergehen konnte (Joh 8:36). Ich denke, dass dieses Erlebnis zu großer Dankbarkeit geführt hat. Sie dürfte auch die Bereitschaft des Jesaja bewirkt haben, sich vom HERRN senden zu lassen (Jes 6:8).
Seine 'gereinigten Lippen', seine Bereitschaft, sich senden zu lassen, und das Wirken des Heiligen Geistes haben unter anderem unzählige Prophezeiungen über den Messias ermöglicht (2Petr 1:21). Sein Dienst für das Wort Gottes war in mancher Hinsicht absolut einzigartig.
Nachdem Jesaja den König des Himmels gesehen hatte, fühlte er sich verloren (wörtlich: beendet, d. h. er kam an sein Ende) (Jes 6:5). In einer solchen Situation kommt jegliches Selbstvertrauen an sein Ende. Jeder Mensch, der das sieht, was Jesaja gesehen hat, erkennt sofort, dass er aus sich selbst heraus niemals zur göttlichen Vollkommenheit gelangen und den "himmlischen Anforderungen" genügen kann (Röm 3:23). Nur durch das Einwirken Gottes können Menschen für Gott tauglich werden (2Kor 3:5)!
Ich zweifle daran, ob Jesaja ohne die Zusage aus Vers 7 so bereitwillig gesagt hätte: "Hier bin ich, sende mich!" Durch die Zusage, dass seine Schuld gewichen und seine Sünde gesühnt wurde, wusste er, dass Gott ihn dazu befähigt hat, und das gab ihm die Freimütigkeit, sich in den Dienst zu stellen (Jes 6:7-8)!
Auch wir dürfen diese Gewissheit haben, weil durch das Kreuz unsere Schuld gewichen und unsere Sünde gesühnt wurde (1Petr 2:24 / 1Joh 1:7)! Paulus schreibt in Kol 1:12:
Was für ein Gnadengeschenk! Gott hat uns fähig gemacht; nicht wir müssen uns fähig machen (2Kor 5:18)! Gott sendet auch uns, den Menschen die Gnadenbotschaft Gottes weiterzugeben (Mt 28:19-20)!
Sind wir bereit und haben auch wir den Mut zu sagen: "Hier bin ich, sende mich!" (Jes 6:8)?
ELB Jes 6:9 Und er sprach: Geh hin und sprich zu diesem Volk: Hören, ja, hören sollt ihr und nicht verstehen! Sehen, ja, sehen sollt ihr und nicht erkennen!
ELB Jes 6:10 Mache das Herz dieses Volkes fett, mache seine Ohren schwer[hörig], und verklebe seine Augen: damit es mit seinen Augen [nicht] sieht und mit seinen Ohren [nicht] hört und sein Herz [nicht] einsichtig wird und es [nicht] umkehrt und Heilung für sich findet!
Stellen wir uns folgende Situation vor: Wir wissen, dass der HERR uns senden und mitteilen will, was wir sagen sollen (Jes 6:8 / Jer 1:7). Stellen wir uns weiter vor, wir hätten noch genügend Zeit, um darüber nachzudenken, was der HERR uns wohl für einen Auftrag geben würde! Vermutlich hätten wir gedacht, dass der HERR uns mit der Verkündigung des Evangeliums beauftragt (Mk 16:15) oder dass wir die Menschen zur Umkehr auffordern (Apg 17:30) oder jemandem helfen und ihn trösten sollen (2Kor 1:4). Mit der Aufforderung "Mache das Herz dieses Volkes fett, mache seine Ohren schwerhörig", würden wir wohl kaum rechnen. Natürlich bekommen wir heute wohl kaum diesen Auftrag, wie ihn Jesaja bekam (Jes 6:10), aber durch die Ermahnungen der Christen, "die Kinder im Mutterleib nicht abzutreiben", geschieht mit unserer Gesellschaft etwas Ähnliches. Sie wird diesbezüglich immer "schwerhöriger" und regt sich auch immer mehr darüber auf (2Tim 4:3-4)!
Doch zuerst muss Jesaja dem Volk etwas anderes sagen (Jes 6:9):
Diese Aussage ist vielleicht für Einzelne eine letzte Chance, ins Nachdenken zu kommen und umzukehren! Wenn ich zu einigen sage: "Ich sage euch jetzt etwas, aber ich weiß jetzt schon, dass euch das überhaupt nicht interessiert und ihr auch nicht hören wollt!", dann ist es möglich, dass Einzelne den Entschluss fassen: "Doch, ich will es hören!" - sozusagen als Protestreaktion (Hes 2:5 / Hes 3:11)!
Diese Jesajastelle wird im NT an folgenden Stellen zitiert:
Diese Verweise unterstreichen die Bedeutung der Zurückweisung der Botschaft durch etliche, während gleichzeitig betont wird, dass bestimmte Menschen in der Lage sein werden, zu hören, zu verstehen und sich zu bekehren (Röm 11:5 / Röm 11:7). Sowohl bei Jesus als auch bei Paulus blieb diese Verstockung Israels bestehen. Aber das alles war eine himmlische Entscheidung, und wir werden noch sehen, warum der HERR so entschieden hat (Röm 11:25)!
Ist das nicht seltsam? Auf der einen Seite der herrliche himmlische König, der auf seinem Thron sitzt, und auf der anderen Seite ein Prophet, der zu einem verstockten Volk spricht und sie noch schwerhöriger machen soll (Jes 6:9-10). Die ganze Situation macht deutlich: "Es war eine Entscheidung des Himmels, dass dieses Volk mit seinen Augen nicht sieht und mit seinen Ohren nicht hört und sein Herz nicht einsichtig wird" (Mt 13:13-15 / Joh 12:40)! Natürlich spielte dabei die 'Verstocktheit der Herzen' auch eine Rolle (und dafür muss sich jeder Einzelne vor Gott auch verantworten), aber letztendlich gehörte das alles zum wunderbaren Gesamtplan Gottes (Röm 11:11-12). Paulus durfte dies erkennen, als er in Röm 11:25 Folgendes schrieb:
Infolge der Verstockung Israels kam es zu einer Hinwendung zu den Nationen, sodass die Entstehung des Leibes Christi aus allen Nationen in die Wege geleitet werden konnte (Eph 2:11-13 / Eph 3:6). Was für ein Wunder Gottes! Natürlich kommt der König des Himmels nicht in Verlegenheit, wenn sein Volk nicht auf ihn hört! Er hat immer Mittel und Wege, um mit seinem Volk ans Ziel zu kommen und es auch in die Vollendung zu führen (Röm 11:1-2)! So lesen wir in Röm 11:15 folgende Verheißung:
ELB Jes 6:11 Da sagte ich: Wie lange, Herr? Und er sprach: Bis die Städte verwüstet sind, ohne Bewohner, und die Häuser ohne Menschen und das Land zur Öde verwüstet ist.
ELB Jes 6:12 Der HERR wird die Menschen weit fortschicken, und die Verlassenheit mitten im Land wird groß sein.
ELB Jes 6:13 Und ist noch ein Zehntel darin, so wird es wieder dem Niederbrennen anheimfallen wie die Terebinthe und wie die Eiche, an denen beim Fällen ein Stumpf [bleibt] - ein heiliger Same ist sein Stumpf.
Nachdem Jesaja zur Kenntnis nehmen musste, dass er einen Auftrag bekam, "das Herz des Volkes fett zu machen" (Jes 6:10), wollte der Prophet unbedingt wissen: "Wie lange, HERR?" (Jes 6:11). Wie so oft macht der HERR keine Zeitangabe, aber Er macht deutlich, dass die ganze Sache zeitlich befristet ist (Röm 11:25)! Ich glaube, das war für Jesaja das Wichtigste! Eine endlose Verstockung seines geliebten Volkes wäre für ihn emotional der Untergang gewesen (Röm 9:1-3). Er wünschte sich die Gewissheit, dass dies nur ein vorübergehender Zustand sein würde, und der HERR gab ihm diese Gewissheit, indem Er mit einem "bis..." antwortete (Jes 6:11-13).
Die totale Verwüstung ist auch immer die totale Katastrophe, und es ist das, was wir uns nie wünschen würden! Ja, das sollten wir uns auch nicht wünschen! Wir sollten wie Abraham um die Rettung von Menschen in verlorenen Städten bitten (1Mo 18:23-33 / Jer 29:7).
Nebenbei erwähnt: Die Schiiten machen genau das Gegenteil: Sie sehnen sich nach einem weltweiten Chaos und nach der totalen Zerstörung Israels! Warum? Weil nach ihrer Überzeugung der Mahdi (der muslimische Messias) erst nach diesem Chaos kommen und ein weltweites islamisches Königreich aufrichten kann! Dieser Glaube ist die Grundlage dafür, dass die iranischen Mullahs den weltweiten Terror unterstützen. Solange dieser Glaube existiert, kann es im Nahen Osten keinen Frieden geben, und wenn die westlichen Politiker das nicht erkennen, ist jeder Versuch, hier einen Frieden zu schaffen, zum Scheitern verurteilt!
Wenn aber der HERR eine Verwüstung zulässt, dann dürfen wir auch wissen, dass Er die Menschen in einen neuen und wichtigen Prozess führt (Hos 2:16 / Hebr 12:6): "Die verhärteten Herzen werden langsam und stetig 'weich gemacht'!" Die Herzen fangen an, sich Gott zuzuwenden, und wenn das passiert, dann schenkt Gott eine Erneuerung (2Kor 3:16)! Genau eine solche Erneuerung hat der "Exil-Prophet" Hesekiel durch eine Verheißung Gottes angekündigt:
Unter Nebukadnezar kam es zu einer ersten totalen Verwüstung (2Kön 25:8-12). Dann folgte das 70-jährige Exil in Babel (Jer 29:10). Anschließend kam es unter Serubbabel, Esra und Nehemia zu einem erneuten Aufbau (Esr 1:1-4 / Neh 2:17-18). Die zweite Zerstörung des Tempels fand im Jahr 70 n. Chr. unter Titus statt (Lk 21:20-24). Nach dem Bar-Kochba-Aufstand im Jahr 135 n. Chr. unter Kaiser Hadrian kam es dann zu einer totalen und definitiven Zerstörung Jerusalems und zu einer weltweiten Zerstreuung der Juden (5Mo 28:64).